Elfriede Jelinek bezeichnet sich zwar gern (ironisch) als „Provinzautorin“, ihre Werke werden jedoch – und das nicht erst seit dem Nobelpreis – auf der ganzen Welt rezipiert. Jelinek selbst hat sich im Laufe ihres Schreibens wiederholt mit internationaler Literatur befasst. Sie hat wesentliche Anregungen aus anderen Kulturkreisen erhalten und in ihren Texten globale Konflikte und Ereignisse thematisiert.
Seit Gründung des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums liegt ein wesentlicher Schwerpunkt der Arbeiten auf Forschungen zu den internationalen Bezügen und Wechselwirkungen von Jelineks Werken.
So dokumentiert das Werkverzeichnis Elfriede Jelinek unter anderem erstmals alle Übersetzungen von Jelineks Werken. An dieser Übersetzungsdokumentation und an einem Verzeichnis der internationalen Jelinek-Aufführungen wird laufend gearbeitet.
(Mehr zu unserer dokumentarischen Arbeit erfahren Sie hier: Dokumentation)
2004/2005 erarbeitete das Forschungszentrum eine umfassende Buchpublikation zur internationalen Rezeption des Literaturnobelpreises an Elfriede Jelinek.
Von 2006 bis 2008 waren Peter Clar und Christian Schenkermayr mit dem Forschungsprojekt „Die europäische Rezeption von Elfriede Jelineks Theatertexten“ (gefördert vom Jubiläumsfonds der ÖNB) befasst. Untersucht wurde, ob und wie Jelineks Theatertexte in den einzelnen europäischen Ländern wahrgenommen wurden. Die Ergebnisse erscheinen im Winter 2008 unter dem Titel „Theatrale Grenzgänge. Jelineks Theatertexte in Europa“ als Buchpublikation.
Durch zahlreiche Kontakte in aller Welt konnte das Forschungszentrum in den letzten Jahren auch Veranstaltungen mit internationaler Beteiligung durchführen. So kamen 2006 zum Symposium anlässlich von Jelineks 60. Geburtstag TeilnehmerInnen u. a. aus Japan, Indien, Frankreich, Großbritannien und den USA nach Wien und referierten hier über ihre Arbeit.
2007 war das Forschungszentrum Mitveranstalter einer Reihe von Videokonferenzen, die UniversitätsprofessorInnen und Studierende aus den USA und Deutschland mit KünstlerInnen, RegisseurInnen und WissenschaftlerInnen vernetzten.
(Mehr Informationen zu dieser Reihe finden sie hier: Seminarprojekt 2007).
Unter dem Titel „Das Über-Setzen. Interkulturelle Dialoge“ organisierte das Elfriede Jelinek-Forschungszentrum mittels Videokonferenzen, Chats, Tagungen und Diskussionsveranstaltungen mehrere Projekte. Dabei wurden Übersetzungen von Jelineks Texten zur Diskussion gestellt und auch der Frage nachgegangen, inwieweit KünstlerInnen anderer Länder auf dieselben Themen wie Jelinek reagieren und welche inter- und transkulturellen Wechselwirkungen es gibt. Zuletzt fand in diesem Rahmen im März 2019 die Vorstellung der Übersetzung Jelineks Gedichte ins Spanische statt.
Die Übersetzungen von Elfriede Jelineks Texten ins Ungarische, Französische und Amerikanische stellen einen zentralen Schwerpunkt des „JELINEK[JAHR]BUCH 2020-2021“ dar. Neben aktuellen Ansätzen zur Übersetzung von Jelineks Theatertexten werden dabei auch Fragen zur Rezeption und Inszenierung ihrer Werke im europäischen Kontext diskutiert.




Aspekte wie der Irak-Krieg, die aktuelle Wirtschaftskrise, internationaler Terrorismus und religiöser Fanatismus, die in Jelineks Texten eine wichtige Rolle spielen, wurden in der Reihe „Totalitarismus – Fundamentalismus – Kapitalismus. Kunst im globalen Kontext“, die im November 2009 gestartet ist und im Jänner 2010 und im November 2010 fortgesetzt wurde, behandelt.
Die Ergebnisse dieser beiden Reihen, die auf langfristige Realisierung hin angelegt sind, sind im Jahrbuch 2011 des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums „JELINEK[JAHR]BUCH“ veröffentlicht.
Auch in den folgenden Jahrbüchern bilden interkulturelle Themen jeweils größere Schwerpunkte.
Im Juni 2012 veranstaltete das Elfriede Jelinek-Forschungszentrum die interkulturelle Tagung „FRAUEN.SCHREIBEN“ in Shanghai, bei der es um eine Analyse und einen Vergleich zeitgenössischer Literatur von Frauen in Österreich und China ging. Daran anschließend konnte 2017 das interkulturelle Symposium „SPRACHE.BILD.FILM. Österreichische Autorinnen und Regisseurinnen“ in Beijing realisiert werden
Das Elfriede Jelinek-Forschungszentrum war und ist darüber hinaus auch Kooperationspartner internationaler Schwerpunkte, z.B. 2014 in Italien.
Auch die Reihe „SCHREIBEN ALS WIDERSTAND. Elfriede Jelinek & Herta Müller“, die sich aus drei Tagungen zusammensetzte (2015/16) und in Bukarest, Wien und Temeswar stattfand, befasst sich mit internationalen Bezügen und mit dem Kulturaustausch zwischen Österreich und Rumänien.
In Zusammenarbeit mit der Forschungsplattform Elfriede Jelinek, dem Forschungsverbund Elfriede Jelinek sowie dem Forschungsnetzwerk Elfriede Jelinek werden zudem regelmäßig interdisziplinäre und internationale Nachwuchsworkshops veranstaltet. Das Ziel ist es, Masterstudierenden, Dissertand*innen, Postdocs, Habilitand*innen und Projektmitarbeiter*innen aus den Bereichen der Literatur-, Musik-, Theater-, Film- und Medienwissenschaft, sowie Nachwuchskünstler*innen aus den Bereichen der Dramaturgie, der Regie, des Schauspiels, des Tanzes, des szenischen Schreibens, des Gesangs, der Komposition und der Instrumentalstudien mit internationalen Expert*innen und Kunstschaffenden zu vernetzen.
So fand im Februar 2016 in Polen an der Kazimierz-Wielki-Universität Bydgoszcz ein interdisziplinärer Nachwuchsworkshop statt, der sich unter dem Titel „Elfriede Jelinek und die europäischen Literaturen“ gesamteuropäischen Dimensionen von Jelineks Werken widmete.
Im Oktober 2022 wurde der interdisziplinäre Nachwuchsworkshop „Elfriede Jelinek: Text – Sprechen – Singen“ in Frankreich an der Université Paul Valéry Montpellier veranstaltet. Nachwuchswissenschaftler*innen sowie Nachwuchskünstler*innen traten dabei in den Austausch mit internationalen Expert*innen und Künstler*innen, um sich gemeinsam den internationalen Kontexten und Traditionen von Elfriede Jelineks Oeuvre zu widmen.
Im Mai 2021 wurden im Rahmen eines Symposiums unter dem Titel „Kunst.Politik.Moral“ grundsätzliche Aspekte politischer Ästhetik diskutiert. Ausgehend von Elfriede Jelineks politischer Haltung wurden das Spannungsverhältnis von Kunst und Moral, die Position von Intellektuellen in unterschiedlichen politischen Systemen, Repression und Skandalisierung kritischer Kunst im internationalen Vergleich sowie die Möglichkeiten politischer Ästhetik zwischen Postmoderne und Populismus thematisiert. Das Symposium verbindet die Wissenschafts- und Kunststandorte Wien und Warschau: zwei Tage wurden aus dem Tanzquartier Wien, zwei aus dem Österreichischen Kulturforum Warschau gestreamt.
Unter dem Titel „JELINEK GLOBAL. Ökonomie.Ökologie.Kolonialismus“ fand im Mai 2023 ein interdisziplinäres Symposium statt, das sich der internationalen Dimension von Elfriede Jelineks Werk widmete. Neben Video-Statements von International Scientific Partners des Interuniversitären Forschungsverbunds Elfriede Jelinek aus Brasilien, Indien, Japan, Mexiko und den USA, die aus der jeweiligen internationalen Perspektive über Jelineks Arbeiten sprachen, nahmen auch hochkarätige Jelinek-Expertinnen am Symposium teil.