Schwerpunkt: Gender

Die feministischen Aspekte von Jelineks Werken bilden einen wichtigen Schwerpunkt der Arbeiten des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums. Zurzeit erarbeitet das Forschungszentrum auf Basis des bereits existierenden Archivs eine Multimedia-Datenbank, durch die alle feministischen und genderspezifischen Bezüge und Zusammenarbeiten Jelineks dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ein Teil dieses Gender-Archivs (vor allem Primärliteratur und Interviews) ist – als Teil des Gesamtbestandskatalogs des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums – bereits nutzbar und kann ab sofort über die Startseite der Homepage des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums erreicht werden.

Alle feministischen und genderspezifischen Texte Jelineks sowie alle relevanten Materialien wie Interviews, Konzepte, Entwürfe, Filme, Ton-Kassetten, Audio- und Videobänder, CDs, DVDs und Fotos werden gesammelt und erfasst. Weiters werden alle Formen der Rezeption wie Kritiken, Aufsätze, Radio- und Fernsehberichte zusammengetragen, aufgeschlüsselt und digitalisiert. Darüber hinaus werden die frauenspezifischen literarischen Kontexte Jelineks dokumentiert. Im Zentrum stehen hier Jelineks Auseinandersetzung mit österreichischen Autorinnen wie Ingeborg Bachmann, Ilse Aichinger, Elfriede Gerstl, Friederike Mayröcker und Marlene Streeruwitz, die unterschiedlichen Zusammenarbeiten und Rezeptionsweisen, Jelineks internationale Bezüge und ihre Kontakte zu Künstlerinnen wie Olga Neuwirth, VALIE EXPORT, Patricia Jünger, Irene Dische, Ria Endres, Christa Wolf, Eva Meyer, Ulrike Ottinger, Jenny Holzer und Taslima Nasrin.

Im Herbst 2007 war das Forschungszentrum an einem interuniversitären Projekt der Colleges Lafayette und Vassar, der Colgate University und der Universität Paderborn beteiligt, bei dem Videokonferenzen zu den feministischen Macht- und Körperdiskursen von Elfriede Jelinek und VALIE EXPORT stattfanden. Das vom Forschungszentrum vom 14. bis 18.1.2009 veranstaltete Symposium „RITUAL.MACHT.BLASPHEMIE. Kunst und Katholizismus in Österreich seit 1945“ widmete sich am 16.1. in einem eigenen Themenblock feministischen und gendertheoretischen Fragestellungen.

Im März 2012 widmete sich das Symposium „(ach, Stimme!). VALIE EXPORT, ELFRIEDE JELINEK, OLGA NEUWIRTH“ den Bezügen und Zusammenarbeiten der drei österreichischen Künstlerinnen. Das Symposium wurde vom gleichnamigen Interdisziplinären Wissenschaftsportal begleitet. 
Das von Stefanie Kaplan herausgegebene Buch „‚Die Frau hat keinen Ort‘. Elfriede Jelineks feministische Bezüge“, das im März 2012 erschien, thematisiert Jelineks feministischen Ansatz und ihre Zusammenarbeit mit anderen Künstlerinnen.

Im Rahmen des Forschungsprojekts „Ökonomie und Gender – Künstlerische Reflexionen von Frauen in Österreich von 1968 bis heute“, das von 2014 bis 2017 lief (gefördert vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank), wurde, ausgehend von Jelineks Werk, die Auseinandersetzung österreichischer Künstlerinnen mit dem Spannungsfeld von Ökonomie und Gender systematisch dokumentiert, ausgewertet und analysiert. Verbunden damit war das Symposium „KAPITAL MACHT GESCHLECHT. Ökonomie & Gender in Elfriede Jelineks Werk“, das im April 2015 stattfand.

Das Projekt „GENDER REVISITED“ befasste sich von 2016 bis 2017 mit dem Spannungsfeld von Geschlecht, Körper und Gewalt und widmete sich Jelineks Werk, insebsondere ihren jüngeren Texten, mit neueren Ansätzen aus einer feministischen und queertheoretischen Perspektive. Abschließend wurde bei einem Workshop im Literaturhaus diskutiert und gelesen.

Unter dem Titel „Geschlecht und Gewalt“ widmete sich das Forschungsprojekt von 2021 bis 2023 einem zentralen Aspekt im Werk Elfriede Jelineks: Der Verbindung von Geschlecht/Gender und Gewalt. Den ersten Höhepunkt des Forschungsprojekts bildete das Symposium „Geschlecht.Genie.Gewalt“, das im Mai und Juni 2022 stattfand. Es fragte nach zeitgenössischen Narrativen von Geschlecht in rechtskonservativen Gesellschaften, inwiefern diese Narrative Gewalt beinhalten oder befördern und welche Auswirkungen sie auf die Position von Frauen in Kunst und Wissenschaft haben. Im August 2022 fand – ausgehend vom Werk Elfriede Jelineks und ihrer Thematisierung von Kapitalismus, Neoliberalismus und Rechtspopulismus – im Rahmen des Symposiums „Kapital.Geschlecht“ anschließend eine Auseinandersetzung mit den Zusammenhängen von Geschlecht, Kapital und patriarchaler Macht statt.
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts sind im von Andrea Heinz herausgegebenen Band „Geschlecht und Gewalt dokumentiert.

„Wo waren, wo sind die Frauen bei den Salzburger Festspielen – als Organisatorinnen, Komponistinnen, Autorinnen, Regisseurinnen, Dirigentinnen? Welche traditionellen Frauenbilder wurden in Festspiel-Aufführungen bekräftigt oder aber befragt, welche Gender-Debatten in den Programmatiken der Salzburger Festspiele ignoriert oder reflektiert? Welche Frauen gilt es in der Geschichte der Salzburger Festspiele sichtbar zu machen, welche Versäumnisse und Leerstellen in Hinblick auf Gender zu konstatieren, welche Visionen für die Zukunft zu entwickeln?“ – Diese Fragen werden erstmals im von Pia Janke unter Mitarbeit von Sara Leitner herausgegebenen Band „JederMann – KeineFrau? Die Salzburger Festspiele in Diskussion“ diskutiert. Die Buchpublikation, die im August 2024 erschienen ist, stellt den Auftakt eines groß angelegten Forschungsprojekts zu Frauen bei den Salzburger Festspielen dar.

Aufbauend auf den Forschungsschwerpunkt „Geschlecht und Gewalt“ widmet sich der 2024 gestartete Forschungsschwerpunkt „Sprache und Gewalt einem zentralen Aspekt im Werk Elfriede Jelineks: der sprachlichen Unterdrückung, Marginalisierung und Ausgrenzung in zunehmend antidemokratischen, autokratischen und totalitären Systemen. Im Zuge der von Juni bis November 2024 stattfindenden Veranstaltungsreihe „SPRACHE.MACHT.GESCHLECHT. Manifeste gegen sprachliche Gewalt werden Kunstschaffende aus den Bereichen der Literatur, des (Musik-)Theaters, der Performance und der bildenden Kunst mit WissenschaftlerInnen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen zusammengeführt, um gemeinsam Manifeste gegen sprachliche Gewalt zu entwickeln. Diese Manifeste, die im Rahmen des Symposiums präsentiert werden, zeigen Wege und Möglichkeiten auf, um geschlechterbedingten sprachlichen Gewaltformen subversiv zu begegnen.