23.4. – 20.5.2009

„Die endlose Unschuldigkeit“
Elfriede Jelineks Rechnitz (Der Würgeengel)

Veranstaltungsreihe des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums

in Kooperation mit der Israelitischen Kultusgemeinde, dem Jüdischen Museum, RE.F.U.G.I.U.S und dem Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien

In ihrem Theatertext Rechnitz (Der Würgeengel) bezieht sich Elfriede Jelinek auf die Ermordung von 180 jüdischen Zwangsarbeitern im Rahmen eines nationalsozialistischen Festes am 24. März 1945 auf dem Rechnitzer Schloss der Gräfin Margit Batthyány, geborene Thyssen-Bornemisza. Das Stück wird mit dieser Veranstaltungsreihe erstmals in Österreich vorgestellt.

Bei fünf Abendveranstaltungen, die vom Jüdischen Totengebet El male rachamim eingerahmt wurden, fand in Form von Vorträgen, Videovorführungen, einer Lesung und Diskussionsrunden eine fundierte Auseinandersetzung mit den historischen Hintergründen des Massakers und dessen künstlerischer Verarbeitung in Jelineks Theatertext statt.

Ausgehend von den Ereignissen des 24. März 1945 standen bei der Eröffnungsveranstaltung am 23.4. die Themenbereiche „Totengedenken“ und „Zeugenschaft“ im Mittelpunkt.

Darauf aufbauend wurde am 30.4. und am 5.5. Jelineks Auseinandersetzung mit den geschichtlichen Ereignissen analysiert. Einen Schwerpunkt bildeten dabei die Bezüge und Kontexte des Stücks wie der Film Totschweigen (1994) von Eduard Erne und Margareta Heinrich, der das „geschwätzige Verschweigen“ des Massakers und die vergebliche Suche nach dem jüdischen Massengrab dokumentiert, und David R. L. Litchfields Buch The Thyssen Art Macabre, das im Herbst 2007 in deutschen Zeitungen eine heftige Debatte auslöste.

Am 17.5. ging es um die Uraufführung von Jelineks Stück an den Münchner Kammerspielen in der Inszenierung von Jossi Wieler und um die theatralen Möglichkeiten des Textes.
Bei der abschließenden Veranstaltung am 20.5. wurden unter dem Motto „Die Nachgeborenen“ die Gemeinsamkeiten, spezifischen Möglichkeiten und Grenzen von Geschichtsforschung und Kunst diskutiert.

PROGRAMM

Donnerstag, 23.4.2009, 19 Uhr
Museum Judenplatz, 1010, Judenplatz 8
Totengedenken – Zeugenschaft
El male rachamim (Jüdisches Totengebet) mit dem Oberkantor Shmuel Barzilai

Walter Manoschek:
Judenmassaker in Rechnitz. Die Tat und ihre Täter

Raimund Fastenbauer:
Die Bedeutung ritueller Bestattung und des Totengedenkens im Judentum

Paul Gulda:
RE.F.U.G.I.U.S. Rechnitz – Wege und Grenzen der Gedenkarbeit
Präsentation von Videomaterial mit Zeitzeugen

Gespräch: Kein Ort.Nirgends. Mit Raimund Fastenbauer, Paul Gulda, Walter Manoschek, Jonny Moser, Berthold Sandorffy


Donnerstag, 30.4.2009, 19 Uhr
Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, 1010, Hofburg, Batthyanystiege, Schreyvogelsaal
„Wir graben ein Grab, das keiner findet“
Gerhard Scheit:
Totschweigen und Wegreden. Die Opfer des Nationalsozialismus in Elfriede Jelineks Theatertexten

Filmvorführung: Eduard Erne und Margareta Heinrich: „Totschweigen“ (1994)

Gespräch: Jenseits der Schweigemauer. Mit Ruth Beckermann, Eduard Erne, Gerhard Scheit


Dienstag, 5.5.2009, 19 Uhr

Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, 1010, Hofburg, Batthyanystiege, Schreyvogelsaal
Fest – Orgie – Massaker
Pia Janke:
„Um Mitternacht öffnen sich die Pforten der Hölle“
Die Täter in Elfriede Jelineks „Rechnitz (Der Würgeengel)“

Monika Meister:
Jelineks Botenbericht und das Orgiastische. Anmerkungen zum „Rechnitz“-Text

Gespräch: Die Jagdgesellschaft. Mit David R. L. Litchfield, Monika Meister, Robert Misik


Sonntag, 17.5.2009, 19 Uhr
Museum Judenplatz, 1010, Judenplatz 8
Szenische Umsetzung
Julia Lochte:
Die Kunst des Berichtens. Zur Uraufführungsinszenierung von Elfriede Jelineks „Rechnitz (Der Würgeengel)“

Gespräch: „Rechnitz (Der Würgeengel)“ inszenieren. Mit Julia Lochte, Ute Nyssen, Jossi Wieler


Mittwoch, 20.5.2009, 19 Uhr
Museum Judenplatz, 1010, Judenplatz 8
Die Nachgeborenen
Lesung: André Jung liest aus Elfriede Jelineks „Rechnitz (Der Würgeengel)“

Heidemarie Uhl:
Geschichtsschreibung als Voraussetzung für Erinnerung und Gedenken?

Daniela Strigl:
Die Seelen der Toten, die „toten Seelen der Lebenden“ und das „Klitterungsklistier“ des Herrn Geschichtsprofessors. Elfriede Jelinek und die Nachgeborenen

Gespräch: Kunst versus Geschichtsforschung? Mit Raimund Fastenbauer, Frank Stern, Daniela Strigl, Heidemarie Uhl

El male rachamim (Jüdisches Totengebet) mit dem Oberkantor Shmuel Barzilai

Gefördert von der Universität Wien und dem Land Burgenland sowie mit freundlicher Unterstützung von T-B A21 Thyssen-Bornemisza Art Contemporary.